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Es ähnelte Ostereiern

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Der 22. März 1945 ist in Nijverdal ein sonniger Tag, kein Wölkchen ist am Himmel zu sehen. Die Bevölkerung hat sich inzwischen an die bedrohlichen Geräusche der Jagdbomber gewöhnt, die hoch am Himmel auf dem Weg nach Deutschland sind. Daher ist die Überraschung groß, als mittags ein Verband amerikanischer Flugzeuge den Ort plötzlich niedrig überfliegt und Ostereier zu werfen scheint.

In Nijverdal ist im Winter 1944/1945 die Eisenbahnstrecke Almelo–Zwolle bereits einige Male Ziel amerikanischer Jagdbomber gewesen. Auch die deutschen V1- und V2-Abschussrampen, die in der Gemeinde Hellendoorn stationiert worden sind, bilden ein wichtiges Ziel der alliierten Luftangriffe. Die Alliierten versuchen, mit diesen Bombardierungen die Transportwege der Deutschen zu blockieren. Die Bewohner an der Eisenbahnstrecke in Nijverdal sind – sofern möglich – an andere Orte umgezogen.

Der 22. März 1945 ist ein schöner sonniger Frühlingstag und die Bewohner von Nijverdal sind froh, dass sie – so kurz vor Ostern – endlich wieder ihre Wäsche nach draußen hängen, im Garten arbeiten oder die Fußböden scheuern können.
Auguste Lidolf und sein Sohn Eugène pflanzen an jenem Nachmittag Kirschkerne. Familie Lidolf ist aus Frankreich nach Nijverdal gezogen, weil Auguste als Monteur die Maschinen bedienen kann, die die Dampfbleicherei „Nederlandsche Stoom Blekerij“ in Frankreich gekauft hat. Seine Frau Louise ist an jenem Nachmittag nicht zu Hause.

Augenzeugen zufolge überflogen an jenem Nachmittag kurz nach 16 Uhr plötzlich sechs Flugzeuge sehr niedrig den Ort. Über dem Zentrum beschrieben sie eine scharfe Kurve. Man konnte sogar die Piloten im Cockpit sehen. Gleichzeitig wurden Bomben abgeworfen. Jemand sagte: Sie ähnelten Ostereiern. Schließlich war es die Woche vor Ostern. Diese „Ostereier“ hatten jedoch eine verheerende Wirkung.

Bei diesem versehentlichen Bombardement wurde Nijverdal von drei Angriffswellen heimgesucht, bei denen 72 Menschen starben und Dutzende verwundet wurden. Auguste und Eugène Lidolf waren unter den Opfern und sollten Frankreich nie wiedersehen.